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Sendung vom 14.04.2005
Prinzhorn – "Entartete" Kunst – Biennale Meine Welt

Was haben der Nazi-Ideologe Prinzhorn und die Kunstausstellung Biennale Meine Welt 2005 miteinander zu tun? Nach Ansicht des Kurators der Ausstellung, Armin Hauer, eine ganze Menge, denn er sieht sie in direkter Tradition der Arbeit des Heidelbergers Psychiaters Prinzhorn, der sich in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts anmaßte, bestimmte Kunst pathologisieren zu können, indem er sie als Ausdruck der angeblichen Geisteskrankheit ihrer Urheber sammelte.

Prinzhorn redet von "Bildnerei der Geisteskranken" und auch Hauer bringt es nicht übers Herz, die Schöpfer der gezeigten Werke in seinem Vorwort zum Ausstellungskatalog auch nur ein einziges Mal als "Künstler" zu bezeichnen. Berliner Aktivisten der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener und der Irrenoffensive ließen sich gemeinsam mit einem ausstellenden Künstler etwas einfallen, um diesen Skandal öffentlich zu machen ...

Der zweite Teil von "Mythos Kunst und Wahn" zeigt die Entwicklunglinie im Umgang mit "den Anderen" und ihrer Kunst – und die mörderischen Folgen. Außerdem gibt es heute die Auflösung unseres Preisrätsels "Die absurdesten Diagnosen", das Neueste zur ambulanten Zwangsbehandlung in Bremen und einen Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Patientenverfügung.

01 Thema: Prinzhorn – "Entartete" Kunst – Biennale Meine Welt 03:00 Audio Text
02 Rede von Roman Breier auf der Biennale "Meine Welt" 2005 03:27 Audio Text
03 Thema (Teil 2) 05:04 Audio Text
04 Kurt Schwitters: Ursonate 02:46 Audio
05 Thema (Teil 3) 04:27 Audio Text
06 (Musik) Udo Lindenberg: Als er ein kleiner Junge war 04:25

07 Thema (Teil 4) 03:44 Audio Text
08 (Musik) Udo Lindenberg: Wotan Wahnwitz 03:44

09 Thema (Resümee) 00:43 Audio Text
10 "Bildnerei der Geisteskranken" 05:16 Audio
11 Veranstaltungshinweis: Betonale 05 00:29 Audio Text
12 (Musik) Bisquitruck + face error: Auch am Tag 04:03 Audio
13 Die absurdesten Diagnosen 02:41 Audio Text
14 (Musik) Phonophobia: Irrenhaus 02:29

15 Neues zur ambulanten Zwangsbehandlung in Bremen 03:45 Audio Text
16 Neues zur Diskussion um die Patientenverfügung 05:24 Audio
17 (Musik) Ton Steine Scherben: Ich will ich sein 01:48

Thema: Prinzhorn – "Entartete" Kunst – Biennale Meine Welt
Autor: René Talbot
Sprecherin: Heidemarie Grübler
Länge 03:00
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... Das waren Originalaufnahmen von einem Tumult, der am 13. März in Frankfurt an der Oder stattfand. Die Biennale Meine Welt Nr. 5 sollte in der Rathaushalle eröffnet werden. Eine Ausstellung der Werke von Menschen, die angeblich anders sein sollen. Im Vorfeld der Ausstellung hatte es per Email eine Diskussion zwischen Roman Breier, einem der 35 Künstler, dessen Werk aus ca. 400 Bewerbungen ausgesucht worden war und Armin Hauer, dem Direktor der Ausstellung gegeben. In deren Verlauf wurde die volle Dimension des geplanten Skandals sichtbar.

Armin Hauer sendete vorab den Text des Vorworts, der den Katalog zur Ausstellung eröffnen sollte. Dadurch offenbare sich folgendes:

  1. Die verehrende Erwähnung von Hans Prinzhorn, einem Heidelberger Psychiater, der sich in den 20er Jahren anmaßte, bestimmte Kunst pathologisieren zu können, indem er sie als Ausdruck der angeblichen Geisteskrankheit ihrer Urheber sammelte. Geplant war damals eine Ausstellung, der von ihm sogenannten "Bildnerei der Geisteskranken". Unter diesem Titel veröffentlichte er seine diskriminierenden Kategorisierungen.
  2. Über die verehrende Erwähnung von Prinzhorn hinaus, ohne den laut Herrn Hauer angeblich sogar die ganze klassische moderne Kunst nicht denkbar wäre (was ein ausgesprochener Schmarrn ist), griff er auch auf die gleichen Diskriminierungen gegenüber den Künstlern zurück. Wie Prinzhorn von "Bildnerei" statt Kunst sprach, entsprechend werden die Urheber der Werke von Hauer kein einziges Mal Künstler genannt.
  3. Hauer macht sich zum Kunstgeschichtsfälscher, wenn er Jean Dubuffet auf dieses diskriminierende Konzept festzulegen versucht, obwohl Dubuffet eine genau gegenteilige Position vertrat.

Roman Breier bat Armin Hauer in einem Brief mit einer ausführlich, neunseitigen Begründung dieses Vorwort nicht zu drucken. Die einzige Antwort von Hauer war ein Dreizeiler, daß Roman Breier seine Werke ja zurückziehen könne.

Roman Breier beschloß, diesem Vorschlag nachzukommen; aber um die politische Brisanz des Ganzen auch nach außen sichtaber zu machen, sein Kunstwerk erst bei der Vernissage zurückzuziehen und dies mit einer Rede und Flugblättern allen 500 Besuchern mitzuteilen.

Wir dokumentieren den vollständigen Text der Rede, gesprochen von Roman Breier, teilweise mit Originaltönen von der Vernissage ...


zum Teil 2
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Rede von Roman Breier auf der Biennale "Meine Welt" 2005
Länge 03:27
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Mein Name ist Roman Breier. Ich bin einer der ausstellenden Künstler.

Bei der Biennale MEINE WELT handelt es sich meiner Ansicht nach um eine diskriminierende Veranstaltung.

Wir Künstler werden als Menschen ausgegrenzt, indem wir als "anders" bezeichnet werden. Wir werden als Künstler diskriminiert, indem wir z.B. im Katalog dieser Ausstellung kein einziges Mal Künstler genannt werden.

Durch die Ab- und Ausgrenzung einzelner Menschen vom großen Rest der Bevölkerung durch ihre Etikettierung als "anders", gepaart mit der Zuweisung einer pseudomedizinischen psychiatrischen Diagnose wird ihre Diskriminierung möglich, wie sie in der psychiatrischen Praxis mit ihren alltäglichen Menschenrechtsverletzungen wie Freiheitsberaubung, Zwangsfixierung und Körperverletzung durch zwangsweises Verabreichen von gesundheitsschädlichen psychiatrischen Drogen stattfindet.

Diese Ausstellung will integrieren, sie bleibt aber in dem vorherrschenden stigmatisierenden Schema gefangen. Die Kunstwerke haben allein gemeinsam, dass sie von Künstlern geschaffen wurden, die "anders\u201c sind als der Rest. Die hier ausstellenden Künstler werden allein unter diesem Kriterium zusammengefasst und damit isoliert. Die ehrende Erwähnung Prinzhorns ist eine unerträgliche Beleidigung für die Künstler dieser Ausstellung, da dieser das Schaffen von "Geisteskranken" bewusst nicht als Kunst, sondern als "Bildnerei" bezeichnete und gleichzeitig mit seinen Werken wie "Gemeinschaft und Führertum – Ansatz einer biozentrischen Gemeinschaftstheorie" und "Bildnerei der Geisteskranken" ideologische Grundlagen für das NS-Regime formulierte, in dem bekanntermaßen als "geisteskrank" diagnostizierte Menschen als "lebensunwert" bezeichnet und ermordet wurden und, weitergedacht, in dem Bau und Betrieb der Mordfabriken in Polen und dem Völkermord an den europäischen Juden, Sinti und Roma gipfelte.

Die Bezeichnung der Kunst als "entartet" führte zur Verfolgung vieler anderer unliebsamer oder systemkritischer Künstler.

Es ist außerdem eine Beleidigung für Jean Dubuffet, im Zusammenhang dieser Ausstellung genannt zu werden, da doch er es gerade war, der sagte:

Es gibt ebenso wenig eine Kunst der Geisteskranken, wie es eine Kunst der Magen- oder Kniekranken gibt.

Er weigerte sich, bei der Einordnung von Kunst in irgendeiner Form vom Künstler statt vom Werk auszugehen, und in seinem Aufsatz "ART BRUT" schrieb er:

... fast die Hälfte der Objekte in unserer Ausstellung sind Werke von Insassen psychiatrischer Kliniken.
Dennoch sehen wir es nicht ein, wie es andere tun, eine spezielle Abteilung für sie einzurichten.

Aus diesen genannten Gründen ziehe ich mein Kunstwerk aus dieser Ausstellung zurück und fordere meine Kollegen dazu auf, das Gleiche zu tun. Alternativ werden meine und andere Werke ab dem 18.3. im Werner-Fuß-Zentrum in Berlin zu sehen sein.Genaueres wird in den nächsten Tagen auf der Homepage www.anomalie-international.de zu erfahren sein.

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Thema (Teil 2)
Länge 05:04
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zum Teil 1

Als Idenditätsmerkmal der Künstler, die sich an der Bienale Meine Welt 5 beteiligen konnten, hatten die Austellungsmacher sich ausgedacht, das sie wörtlich: "anders sind". Für diese Aussage gibt es zwar zwei mögliche Bedeutungen, aber weil jeder Menschen anders als andere ist, kann diese banalste aller Banalitäten nicht gemeint sein. Es geht um eine bestimmte Gruppenbildung und es soll etwas ganz anderes zum Ausdruck gebracht werden. Dazu muß man folgendes wissen: wie Roman Breier in seiner Rede zurecht darauf hinweist, unterscheidet die Künstler der Biennale von anderen tatsächlich, daß sie rechtlich anders gestellt sind; daß sie einmal als geisteskrank verleumdet zu nahezu Rechtlosen gemacht wurden; die praktisch jederzeit, mißhandelt werden können. Sie können in einer geschlossenen Psychiatrie weggesperrt werden, dort mit Zwang und Gewalt oder Drohungen und bösem Zureden unter Drogen gesetzt, wenn nicht sogar elektrogeschockt werden. Vielen wurde darüber hinaus ihre wesentlichen Grundrechte dauerhaft aberkannt, indem sie mit einer irreführend und nur zur Täuschung genannten "Betreuung" entmündigt wurden und in einem Heim verwahrt werden.

Der Blick auf diese Entrechtung und die regelmäßige folterartige Mißhandlung soll verdeckt werden und zur Rechtfertigung wird statt dessen behauptet, diese Menschen seien anders. Dieses angebliche "Anders sein" unterstellt eine Entfremdung dieser Personen vom Menschsein, ihres ganzen Dasein, entsprechend dem psychiatrischen Okkultismus. Insbesondere ihre Biologie, sei "anders", jede ihrer Zellen ticke womöglich anders. Es wird also eine typisch rassistisch-biologistische Gattungsgrenze gezogen.

Dem Mythos Kunst und Wahn also liegt der Wunsch nach Ausgrenzung und Entrechtung und deren Rechtfertigung durch individualisierende Zuschreibung von "Geisteskrankheit, Wahnsinn, Schizophrenie" etc. zugrunde. Der ganze Diskurs dient nur dem Schutz des psychiatrischen Lügenkonstrukts. Der fatale Zug, der dabei gemacht wird, ist die Einführung der Pathologisierung in die Kunst mit verheerenden Folgen.

Dies soll nun geschichtlich darlegt werden.

Ausgangspunkt ist dabei der Dadaismus.

Die ersten Dadaisten trafen sich 1916 in Zürich, weil diese Stadt damals Zuflucht für alle bot, die dem europäischen Kriegswüten auszuweichen gedachten: Anarchisten, Nihilisten, politisch Verfolgte, Pazifisten, Deserteure und verarmte Künstler, die sich optimistisch von einem Wechsel ihres Wohnortes eine geeignete Wirkungsmöglichkeit versprachen. Gemeinsam war ihnen ihr Protest gegen die bestehende Gesellschaftsordnung, ihre Moral und kulturelle Fassade. Sie erschien ihnen, in den Worten des Dadaisten Hugo Ball, als "ein wildes System, das seine Rechte verwirkt hat und keine Nachsicht verdient." Dada wollte den Anstoß zu einer kulturellen Umwertung geben. Seine Protagonisten waren, Zitat Hugo Ball: "gegen die Trompeten, die Fahnen und das Geld, mit denen immer wieder Millionen Morde auf den Feldern der Ehre veranstaltet werden." (dieses und das folgende Zitat aus: Jürgen Schilling. "Aktionskunst - Identität von Kunst und Leben ?" S. 16)
Nicht anders als ihr Nachbar Lenin, der gegenüber dem Treffpunkt der Dadaisten in der Spiegelgasse lebte und dessen Anwesenheit die Dadaisten aufmerksam registrierten, glaubten sie, daß die bestehende Weltordnung keineswegs dadurch verändert werden könne, daß man den Menschen zum Guten auffordert, sondern nur durch eine grundsätzliche Infragestellung der Welt in ihrer Existenz. Dabei verschleierte die kabarettistische, spaßhafte Form ihrer abendlichen Vorführungen zunächst den ernsthaften Hintergrund ihres Tuns. Die Dadaisten produzierten – zumindest gilt das für den literarischen Bereich – Antikunst, deren Zielsetzung darin bestand, der Kunst neue Wege zu öffnen, indem man den Rationalismus durch absurde Spektakel zu überwinden suchte. Trommel, Pfeifen und Klingeln verunsicherten das Publikum erheblich. Einen der Höhepunkte der Auftritte in Zürich bildeten Hugo Balls Vortrag seiner Lautgedichte – ein Versuch, den Irrationalismus in die Literatur einzuführen.

Wir präsentieren dazu nun Ausschnitte aus der einzig erhaltenen Originalaufnahme dieser Zeit, die "Ursonate" von Kurt Schwitters ...


zum Teil 3
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Kurt Schwitters: Ursonate
Länge 02:46
auch "Sonate in Urlauten" oder – wie im Tondokument angesagt – "Sonate mit Urlauten".
Mehr zu Kurt Schwitters im Internet unter
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Thema (Teil 3)
Länge 04:27
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zum Teil 2

Diese Integration des Irrsinns in die Kunst und damit die Auflösung einer rationalistischen Konstruktion von Wahn als wissenschaftlich gesicherter Epistemologie (Erkenntnislehre), deren Grenzwächter die Psychiater seien, war eine existentielle Bedrohung für diese. Allein mit der Macht ihrer Diagnosen und ihren Kerkerverliesen war diesem subversiven Geschehen nicht mehr beizukommen. Als reaktionäre Gegenmaßnahme mußten sie die Kunst in den Griff bekommen, also mußte machttechnisch die Kunst unter ärztliche Oberhoheit gestellt werden und dementsprechend bestimmte Kunst pathologisiert werden. Dazu beginnt gegen Ende der 20er Jahre die Heidelberger Psychiatrie, namentlich der Psychiater Hans Prinzhorn mit Vollmacht und im Auftrag des Chefarztes Willmann, seine Beutezüge durch die Psychiatrien. Den eingesperrten und regelmäßig entmündigten Insassen wird noch das letzte, was ihnen geblieben ist, ihre selbst geschaffenen künstlerischen Werke geraubt. Diese Kunst wurde bösgläubig erworben und konnte deswegen bis heute kein Eigentum der Heidelberger Universität werden, wie der Jurist und Urheberrechtsspezialist Prof. Peter Raue nachgewiesen hat. Aber was interessiert noch die bürgerliche Eigentumsordnung, wenn jemand, wie die Psychiater, foltern und entrechten kann, sich also zum Herrschenden in der Gesellschaft gemacht hat.

Sinn das Raubzug war, damit die Grundlagen für die schmähende Ideologie-Erfindung von Hans Prinzhorn zu legen, es handele sich nicht um Kunst, sondern um die sogenannte "Bildnerei der Geisteskranken". Entsprechend betitelte er sein Pamphlet. Geplant war außerdem ein psychopathologisches Museum, aber dazu kam es erst 70 Jahre danach. Schon bald nach der Veröffentlichung ging die Saat, die der Nazi-Ideologie Prinzhorn gesät hatte, auf. Der Nachfolger seines Chefs, Carl Schneider, erntete gewissermaßen deren Früchte. Moderne, nicht geisteskrank erklärte Künstler schufen reihenweise in der Folge und im Umfeld von Dada zum verwechseln ähnliche Kunstwerke wie die im Irrenhaus Internierten und bildeten damit das nächste Ziel der sich radikalisierenden Ärzte-Nazi-Ideologie: Also konnte deren Kunst auch zur "Bildnerei" erklärt werden und die dafür geprägte Begrifflichkeit der "entarteten Kunst" reproduzierte die gegen die Irrenhäusler gezogene ärztlich-biologistische Gattungsgrenze. So wurde der Weg zur Gaskammer, zum systematischen ärztlichen Massenmord durch diese von Prinzhorn erfundene Ideologie geebnet und Prof. Carl Schneider einer der maßgeblichen Gutachter des systematischen Massenmords. In dessen Aufsatz "Entartete Kunst und Irrenkunst" zog er dann den entsprechenden Schluß, daß nach dem "Endsieg" auch die modernen Künstler vergast werden sollten.

Inzwischen hat sich erwiesen, dass Goebbels mit einer Art von negativem Spürsinn voller Rassisimus eine wahre Anthologie der modernen Kunst zusammengestellt hatte. Hat sich die Bewertung inzwischen in ihr Gegenteil verkehrt? Die Kustoden amerikanischer Museen, welche mit hohem Aufwand versucht haben, diese Ausstellung mit dem Ziel einer Rehabilitation der Moderne zu rekonstruieren, schlossen vorsichtshalber – jedoch obwohl man sie leicht hätte beschaffen können – die geraubten Werke der nach Prinzhorn genannten Sammlung aus, so als ob sie weiterhin kompromittierend wirken könnten. Indem sie Karl Brendel, Paul Goesch und Franz Pohl in ihrem psychiatrischen Ghetto beliessen, scheinen sich diese Kustoden den Standpunkt Goebbels zu eigen gemacht zu haben. (dieses und die folgenden Zitate aus: Art Brut, http://www.trigger.ch/artbrut/history/history.html)

Zum Glück ist ja der "Endsieg" mißlungen und wir kommen nun zur Fälschung der Kunstgeschichte durch Herrn Armin Hauer. Ganz im Gegensatz zu Hauers Diskriminierung von Künstlern, die angeblich "anderes" sind, hat Jean Dubuffet seinen vom ihm geprägten Begriff von "l´Art brut" auf die soziale Situation der Entrechtung, Einsperrung und Ausgrenzung der Künstler als Außenseiter gegründet.


zum Teil 4
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Thema (Teil 4)
Länge 03:44
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zum Teil 3
Die bahnbrechenden Künstler des 20. Jahrhunderts, die die afrikanische und ozeanische Kunst als eine ihrer Wurzeln anerkannten

namentlich z.B. Paul Gaugin

umgaben gleichzeitig die als pathologisch verleumdete Form innerer Exotik [...] mit einer Mauer des Schweigens. Andre Breton, so sensibel er für alle Formen des Wahns auch war, hielt an einer eigenen Kategorie "Kunst der Geisteskranken" fest, was eine Diskriminierung in künstlerischer Hinsicht bedeutet was letztlich zum Bruch mit Dubuffet führte.

So betritt die l´Art Brut

plötzlich und unerwartet 1947 die Kunstszene, ohne dass deren anerkannte Mitglieder sie beachten und wäre es in Form einer kontroversen Auseinandersetzung.
Die Art Brut, so wie sie Jean Dubuffet entdeckt hat, ist inzwischen am Verschwinden. Ein halbes Jahrhundert verging, seitdem er diese Aussenseiter der Kunst als Dissdienten als "Insassen von Krankenhäusern", als "Strafgefangene", als "Leute, die sich in allen Bereichen gegen die gesellschaftlichen Konventionen wehren" bekannt gemacht hatte. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bringen Orte der Isolierung und der Absonderung – psychiatrische Strafanstalten – verschiedene Formen wilder Kunst hervor.
Die Künstler erschaffen an diesen Orten einen traumhaften Mikrokosmos, der es ihnen ermöglicht, symbolisch aus der Gefangenschaft zu entkommen. Später sollten sich Struktur und Aufgaben solcher Einrichtungen ändern. Von dem Augenblick an, da Kreativität zu therapeutischen Zwecken erwartet, gefördert und in künstlerischen Werkstätten angeleitet wird, wandert die – nunmehr neutralisierte – Art Brut aus.

Roman Breier verweist zurecht mit seinen Zitaten auf diese Fälschung von Jean Dubuffet durch Armin Hauer hin.

Die Professorin für Literaturwissenschaft an der Universität Hannover, Elisabeth Lenk bringt es in diesem Zitat aus der Sendung SWR 2 Forum des Südwestdeutschen Rundfunks vom 28.2.2005 sehr gut auf den Punkt, um was es bei dem Diskurs Kunst und Wahn tatsächlich geht:

(Moderator) Das Verrücken der Bedeutung, ist es das bei Dalí?

(Lenk) Es ist ja so bei den Surrealisten, und das gilt auch für Dalí, daß die selber nie gesagt haben, die Verrücktheit sei auf Seiten der Künstler. Sondern sie haben umgekehrt gesagt, daß alle Menschen sich an den Wahnsinnigen ein Beispiel nehmen sollten, und das ist ja auch die Erklärung von Dalí, das Recht des Menschen auf seine eigene Verrücktheit. Und genauso auch mit den Träumen, daß sie ja dieses Recht auf Traum, und die Anerkennung von Traum und Schlaf, gefordert haben für alle Menschen. Und insofern natürlich dann behauptet haben (das nimmt auch ein wenig '68 vorweg), daß in jedem Menschen ein Künstler schlummert und nicht ein Verrückter.


(Emmrich) Bin ich jetzt wahnsinnig? ist die Welt wahnsinnig? ist das Fernsehen wahnsinnig? ist diese Sendung wahnsinnig? Wir wissen es einfach nicht!

Dieses, in unserer Sendung mehrmals wiederholte Zitat stammt von Professor Emmrich, Psychiater an der Medizinischen Universität Hannover, das er in der selben Sendung des SWR2-Forum geäußert hat.


zum Resümee
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Thema (Resümee)
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zum Teil 4

Wir können nun folgendes Resüme ziehen:

Die Auftrennung und Etikettierung von Kunst anhand irgendwelcher vorgeblicher oder tatsächlicher Krankheiten ihrer Produzenten ist willkürlich und durch nichts zu rechtfertigen. Genauso wenig wie es z.B. von Psychiatern "gesunde" Kunst gibt, gibt es irgendein Merkmal für "kranke" Kunst. Es handelt sich um eine reine Machination und Mystifikation des psychiatrischen Okkultismus. Die mit Computerstimme vertonten Zitate des Einführungstextes von Armin Hauer wurden während der Eröffnung der Biennale Meine Welt 5 gespielt und versinnbildlichen die Unmenschlichkeit ihres Inhalts.

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"Bildnerei der Geisteskranken"
Programmierung: Armin Hauer
Länge 05:16
Computerstimmen lesen aus dem Vorwort zum Ausstellungkatalog der 5. Biennale Meine Welt in Frankfurt (Oder)
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Veranstaltungshinweis: Betonale 05
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Das Werner-Fuss-Zentrum ist zur Galerie "Eigensinn" geworden. Alternativ zur Biennale Meine Welt Nr. 5 sind die Werke von Roman Breier zusammen mit Werken von Stefan Groetzner bis zum 5. Mai in der "Betonale 05" jeden Sonntag, Montag, Dienstag und Mittwoch von 11 bis 17 Uhr im Werner-Fuss-Zentrum in der Scharnweberstr. 29 in Berlin-Friedrichshain zu sehen. Die Finnisage findet am 5. Mai um 19 Uhr im Werner-Fuss-Zentrum statt.
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Die absurdesten Diagnosen
Länge 02:41
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Preisverleihung und Nennung aller eingereichten Vorschläge für Das Gewinnspiel der letzten Sendung.

Das Preisausschreiben des Dissidentenfunks hat ein grandioses Ergebnis erbracht. Eingereicht wurden die folgenden 25 Vorschläge, denen wir uns in weiteren Sendungen noch genauer widmen werden:

  • Chronisch Latente Tripolare Depression (CLTD)
    Im Spektrum von : depressiv...weder-noch...manisch Also eine endogene Depressionsform, bei der das weder-noch chronisch ausgeprägt ist. Behandlung erfolgt durch Antidepressiva & Neuroleptika zur Äquilibrierung des durch einen Mangel an Neurotransmitterdysbalance ausgelösten "weder-noch" - Zustandsbildes.
  • Chronische Hypergesundheit
  • Drogeninduzierter Freßwahn
  • Erfolgsratensteigerungssabotage
  • Euphorisch-depressive Apathie bei trizyklischer Mischpsychose
  • Exhibitionistisches Tuschkastensyndrom
  • Faulfiebersyndrom
  • Florida-Rolf-Syndrom
  • Gefährlicher Raser
  • Hirnschädigende Faulheit
  • Juventiler Salonschwachsinn
  • Komplexer Einfallsreichtum mit zentristischen Zügen
  • Latente Witzelsucht
  • Lethargische Hyperaktivität
  • Manifeste Dietrologia multipler Pathogenese
    Das italienische Wort "Dietrologia" umschreibt die Tendenz einiger Mitbürger, hinter allem und jedem verborgene Motive zu sehen.
  • Okkulte Demenz (früher: Salonschwachsinn)
  • Polysexueller Vegetarismus
  • Postelitis
    Wenn Erfindungen von Gert Postel auch noch ernst genommen werden, obwohl man weis, dass sie reine Erfindungen sind.
  • Praetraumatisches Stress Syndrom
    Die Störung die man schon vor dem Eintritt eines traumatischen Ereignisses hat.
  • Reziproke Erotomanie
  • Schizoexpressionistische Nymphomanie
  • Shrinkphobia oder Psychiaterphobie
    "Krankhafte" Angst vor Psychiatern
  • Spülbürstenfixierter Hausfrauencharakter
  • Vorgetäuschte Rentenquerulanz

Die Jury hat entschieden, das die absurdeste Erfindung einer typisch psychiatrischen Diagnose ist:

Pränatale Therapieresistenz

Wir gratulieren dem Autor und Gewinner des Preises Stephan Groetzner.

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Neues zur ambulanten Zwangsbehandlung in Bremen
Länge 03:45
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(Dr. Mauer) Was in der Vergangenheit passiert ist, seit es dieses PsychKG gibt, ist, daß sich daran eigentlich nicht richtig orientiert wurde.

(Moderator) Was heißt das? In der Praxis wurde anders verfahren als ...

Das heißt, in der Praxis wurde dieser Gefährdungsbegriff nicht immer so zugrunde gelegt.

Daß heißt, es sind auch Leute, die nicht "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefährlich" waren, dann eingewiesen worden?

Ja

Diese Aussage hat Dr. Mauer in der Fernsehsendung "Buten und Binnen" von Radio Bremen am 21. März gemacht. Er hat damit offen die kriminelle Energie benannt, mit der das psychiatrische System im Bündnis mit den Vormundschaftsgerichten das geltende Recht über Jahre gebrochen hat.

Inzwischen hat R.A. Thomas Saschenbrecker ein Rechtsgutachten angefertigt, das allen Bremer Bürgerschaftsabgeordneten zugestellt wurde und das die Unvereinbarkeit der geplanten Regelung mit der Verfassung beweist.

Aus dem Gutachten von RA Thomas Saschenbrecker zur geplanten Aufnahme der ambulanten Zwangsbehandlung in das Bremer PsychKG:

Zusammenfassung

Der Entwurf zu §§ 3, 8, 9 PsychKG n. F. nebst den Begründungen begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken insbesondere in Hinblick auf die Option einer ambulanten Behandlung eines Betroffenen gegen dessen Willen und die Erweiterung des Gefahrenbergriffes.

a. Formell schafft der Entwurf der §§ 3 Abs. 3, 8 Abs. 3 bis 6 und , 9 Abs. 3 PsychKG n. F. ein materielle Rechtsgrundlage für die ärztliche Zwangsbehandlung.

b. Materiellrechtlich ist festzustellen, dass der Entwurf §§ 3 Abs. 3, 8 Abs. 3 bis 6 und , 9 Abs. 3 PsychKG n. F. insoweit auf nicht mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatz in Einklang zu bringen ist, wonach die Aussetzungsauflage einer Unterbringung, die ambulante Behandlung eines Betroffenen auch gegen dessen Willen, nicht als weniger eingreifende Maßnahme als die einer Unterbringung selbst gesehen werden kann, sondern als ebenso schwerer Eingriff in Grundrechtspositionen. Die sich aus der Neuerung der Regelung des PsychKG erwünschte Konsequenz eines neu eröffneten Anwendungsbereiches staatlicher Zwangsmassnahmen gegen einen psychisch Kranken vor Erreichen des Erforderlichkeitskriteriums einer möglichen Unterbringung durch eine Behandlungsauflage ist verfassungsrechtlich bedenklich.

c. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, die Voraussetzungen einer Aussetzungsauflage einer ärztlichen Zwangsbehandlung nach § 8 Abs. 5 PsychKG an ebenso hohen Erforderlichkeitskriterien zu messen wie die Voraussetzungen einer Unterbringungsgenehmigung nach §§ 9, 14 PsychKG.

d. Eine Zuführungsgenehmigung mit präventivem Einschlag ist mit geltendem Verfassungsrecht nicht vereinbar, soweit es eine Erweiterung bestehender staatlicher Zwangsmassnahmen unter Vorverlagerung der Erforderlichkeit solcher Maßnahmen bedeuten würde .

e. Die Erweiterung des Gefahrenbegriffes auf den weitgehend unbestimmten Rechtsbegriff einer "unvorhersehbaren" Gefahr impliziert die Annahme einer generellen Gefährlichkeit eines psychisch Kranken und wird dem Grundsatz einer konkreten objektivierbaren Gefahrenlage als tatbestandliche Voraussetzung eines staatlichen Eingriffes nicht gerecht. In übrigen widerspricht eine derartige Definition einer unmittelbaren Gefahr dem Bestimmtheitsgrundsatz.

f. Das Selbstbestimmungsrecht eines Betroffenen wird darüber hinaus durch die Kumulation von Erweiterung des Gefahrbegriffes und faktische Beschränkung des "Rechtes auf Krankheit" bzw. "Freiheit zur Krankheit" bei einer gesetzlich geregelten allumfassenden "ärztlichen Vernunfthoheit" über den psychisch Kranken in verfassungsrechtlich bedenklicher Form eingeschränkt.

(Den vollständigen Text des Gutachtens finden Sie im Internet unter
http://www.die-bpe.de/saschi_stellungnahme.htm)
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Neues zur Diskussion um die Patientenverfügung
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