Thema: Prinzhorn – "Entartete" Kunst – Biennale Meine Welt

... Das waren Originalaufnahmen von einem Tumult, der am 13. März in Frankfurt an der Oder stattfand. Die Biennale Meine Welt Nr. 5 sollte in der Rathaushalle eröffnet werden. Eine Ausstellung der Werke von Menschen, die angeblich anders sein sollen. Im Vorfeld der Ausstellung hatte es per Email eine Diskussion zwischen Roman Breier, einem der 35 Künstler, dessen Werk aus ca. 400 Bewerbungen ausgesucht worden war und Armin Hauer, dem Direktor der Ausstellung gegeben. In deren Verlauf wurde die volle Dimension des geplanten Skandals sichtbar.

Armin Hauer sendete vorab den Text des Vorworts, der den Katalog zur Ausstellung eröffnen sollte. Dadurch offenbare sich folgendes:

  1. Die verehrende Erwähnung von Hans Prinzhorn, einem Heidelberger Psychiater, der sich in den 20er Jahren anmaßte, bestimmte Kunst pathologisieren zu können, indem er sie als Ausdruck der angeblichen Geisteskrankheit ihrer Urheber sammelte. Geplant war damals eine Ausstellung, der von ihm sogenannten "Bildnerei der Geisteskranken". Unter diesem Titel veröffentlichte er seine diskriminierenden Kategorisierungen.
  2. Über die verehrende Erwähnung von Prinzhorn hinaus, ohne den laut Herrn Hauer angeblich sogar die ganze klassische moderne Kunst nicht denkbar wäre (was ein ausgesprochener Schmarrn ist), griff er auch auf die gleichen Diskriminierungen gegenüber den Künstlern zurück. Wie Prinzhorn von "Bildnerei" statt Kunst sprach, entsprechend werden die Urheber der Werke von Hauer kein einziges Mal Künstler genannt.
  3. Hauer macht sich zum Kunstgeschichtsfälscher, wenn er Jean Dubuffet auf dieses diskriminierende Konzept festzulegen versucht, obwohl Dubuffet eine genau gegenteilige Position vertrat.

Roman Breier bat Armin Hauer in einem Brief mit einer ausführlich, neunseitigen Begründung dieses Vorwort nicht zu drucken. Die einzige Antwort von Hauer war ein Dreizeiler, daß Roman Breier seine Werke ja zurückziehen könne.

Roman Breier beschloß, diesem Vorschlag nachzukommen; aber um die politische Brisanz des Ganzen auch nach außen sichtaber zu machen, sein Kunstwerk erst bei der Vernissage zurückzuziehen und dies mit einer Rede und Flugblättern allen 500 Besuchern mitzuteilen.

Wir dokumentieren den vollständigen Text der Rede, gesprochen von Roman Breier, teilweise mit Originaltönen von der Vernissage ...


zum Teil 2

Gesendet am 14.04.2005 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

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