Macht – Hilfe – Gewalt. Wie frei muss ein freier Wille sein?

Wenn ein Nachbar, ein Arzt oder ein Verwandter meint, sie könnten Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln oder sie handelten unverantwortlich und zu Ihrem eigenen Schaden, dann kann er beim Vormundschaftsgericht die Zuordnung eines Betreuers anregen. Das Gericht wird daraufhin Ermittlungen aufnehmen und einen Psychiater damit beauftragen, ein Gutachten über ihren Zustand anzufertigen. Kommt der Richter mit Unterstützung durch den Gutachter zu der Ansicht, sie seien teilweise oder vollständig unfähig, für Ihre Handlungen und Ihr Leben selbst die Verantwortung zu übernehmen, dann werden Ihnen bestimmte Rechte und Pflichten entzogen und der bestellte Betreuer beauftragt, diese Rechte und Pflichten an Ihrer Stelle wahrzunehmen.

So kann Ihnen der Zugriff auf Ihr Konto entzogen und der Betreuer mit der Verwaltung Ihrer Finanzen beauftragt werden. Der Betreuer darf Sie aber auch in ein Heim oder eine psychiatrische Klinik einweisen lassen oder die zwangsweise Behandlung mit Psychopharmaka genehmigen.

Wie die Zuordung des Betreuers durch das Vormundschaftsgericht, können auch diese Entscheidungen entgegen Ihrem Willen getroffen werden. Ihre Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, wie jeder andere Bürger das tun könnte, sind drastisch eingeschränkt.

Gesetzliche Grundlage für diese Einschränkungen der im Grundgesetz verankerten Rechte auf Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit und Schutz vor Eingriffen des Staates in die eigene Lebesführung ist das Betreuungsrecht. Das neue Betreuungsrecht wurde 1992 mit dem ausdrücklichen Anspruch eingeführt, der bis dahin möglichen vollständigen Entrechtung durch eine »Entmündigung« ein Ende zu setzen und ausschließlich Hilfen gesetzlich zu regeln, die die Selbstbestimmung des Betroffenen weitgehend gewährleisten und ausschließlich dem Wohl des Betroffenen dienen.

Was aus dem ursprünglichen Anspruch geworden ist, faßt Prof. Rohrmann, Behindertenpädagoge aus Marburg, der sich seit 1990 mit Fragen des Betreuungsrechts und dem Problem fürsorgerischer Gewalt befaßt, zusammen:

Es ist ja allgemein bekannt, daß das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene neue Betreuungsrecht eben entgegen der Intention des Gesetzgebers Entmündigung und Entrechtung in Deutschland kein Ende gesetzt hat. Auch seit der Reform können Betreuer gegen den Willen der Betroffenen bestellt werden und Entscheidungen gegen ihren Willen treffen. Und mindestens in diesen Fällen entspricht die Betreuerbestellung einer faktischen Entmündigung und die Betreuungsverhältnisse haben den gleichen Charakter wie zuvor die überkommenen Vormundschaften.

Und dazu kommt, daß die Zahl der Betreuungen seit Inkrafttreten des Gesetzes kontinuierlich angestiegen ist, Jahr für Jahr neue Rekordhöchststände erreicht hat und sich seit dem Inkrafttreten des Gesetzes mittlerweile mehr als verdoppelt hat. Wir hatten also 1992 436.000 Betreuungen und im Jahr 2002 waren es schon über eine Million.

Dieser Entwicklung soll nun eine Änderung des Betreuungsrechts Einhalt gebieten. Hauptsächlicher Grund dafür ist allerdings nicht die skandalöse Zunahme weitgehender Entrechungen von immer mehr Menschen, sondern die finanzielle Belastung der Länderhaushalte durch den Anstieg der vom Staat getragenen Betreuungskosten. Deshalb wird auf parlamentarischer Ebene auch vor allem über Geld geredet. Die Probleme für die Betroffenen bleiben dabei zum größten Teil unbeachtet.

Dies mußte auch ein breites Bündnis von Betroffenenverbänden erfahren, die das Hauptproblem in den weiterhin vorgesehenen Möglichkeiten zur Ausübung von Zwang sehen und deshalb fordern, die ausdrückliche Ablehnung der Zuordnung eines Betreuers durch den Betroffenen in jedem Fall anzuerkennen und ein Verbot der Einrichtung einer Betreuung gegen den erklärten Willen im Gesetz zu verankern.

René Talbot vom Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg erklärt das Ziel der Kampagne:

Also es geht um eine Kampagne zum Paragraph 1896 [BGB], in dem dieses breite Bündnis fordert, daß der erklärte Wille hinreichend sein muß, um eine Betreuung bzw. Entmündigung zu verhindern. Also gegen den erklärten Willen des betroffenen Erwachsenen darf keine Betreuung eingerichtet werden. Das ist das Ziel der Kampagne. Derzeit steht im Gesetzentwurf, der verhandelt wird, daß gegen den freien Willen keine Betreuung eingerichtet werden können soll. Es geht also um ein Wort: entweder erklärter Wille, der Wille, der hinreichend ist, wenn man es sagt oder zu Protokoll gibt oder niederschreibt: ich will nicht betreut werden; soll hinreichend sein, keine Betreuung verordnet bekommen zu können. Gegenüber dem, was der Gesetzgeber im Augenblick will, der freie Wille.

Der »freie Wille«, wie ihn die Juristen verstehen, ist nämlich an zwei Bedingungen gebunden: 1. daß der Betroffene einsichtsfähig ist, das heißt, daß er Sinn und Konsequenzen einer Betreuung versteht und 2. daß er seine Entscheidung für oder gegen eine Betreuung gemäß dieser Einsicht trifft.

Sollte eines dieser beiden Kriterien nicht erfüllt sein, dann – so zumindest der Gesetzgeber – ist der Wille nicht mehr frei, sondern noch »natürlich«; dem Staat ist es dann gestattet, die ausdrückliche Entscheidung des Betroffenen zu ignorieren und eine Betreuung auch gegen seinen Willen anzuordnen.

Prof. Rohrmann kritisiert diese willkürliche Trennung des Willens eines Menschen:

Und das ist eine Definition, die nach meinem Dafürhalten relativ wenig überzeugend ist, und zwar aus folgenden Gründen:

Jeder menschliche Wille äußert sich unter bestimmten kulturhistorischen, sozialen, infrastrukturellen, institutionellen, psychischen, biologischen und auch anderen Bedingungen, die auf jede subjektive Willensentscheidung mehr oder weniger Einfluß nehmen.

Die Freiheitsgrade, wenn man so will, jeglicher Willensentscheidung variieren von daher innerhalb eines Kontinuums, das sich ausspannt zwischen zwei Extremen. Auf der einen Seite absolut freier Wille und auf der anderen Seite absolut unfreier Wille, wobei beide Extreme in der Praxis so gut wie nie vorkommen, da Menschen als bio-, psycho- und soziale Wesen tendenziell immer einerseits unter spezifischen Bedingungen handeln, von denen sie bestimmt werden, andererseits aber auch immer handelnde Subjekte ihres Lebens sind und auch auf diese Bedingungen Einfluß nehmen können, und zwar so lange sie leben.

Und es macht nach meinem Dafürhalten keinen Sinn oder ist reine Willkür, innerhalb dieses Konitnuums irgendeine Grenzziehung festzusetzen, ab wo ich sage:«Da ist der Wille nicht mehr frei, sondern nur noch natürlich.«

Hinzu kommt, daß es dann auch in der Praxis sehr schwer ist, festzustellen, ob im Einzelfall diese Grenze überschritten ist oder nicht.

Die Anerkennung des erklärten Willens würde dagegen nur erfordern festzustellen, ob die Willensäußerung eine bestimmte Richtung erkennen läßt oder nicht. Für diese Feststellung bräuchte es keine psychiatrischen Gutachten, die die Äußerungen eines Menschen subjektiv und willkürlich interpretieren; die Gründe für die Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts wären für alle Beteiligte nachprüfbar und ein rechtsstaatlicher Rahmen des Verfahrens gewahrt.

Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts ohne die Zustimmung des Betroffenen könnten dann nur noch getroffen werden, wenn er keine Möglichkeiten hat, sich sprachlich oder durch Zeichen verständlich zu machen oder die Äußerungen keinen Zusammenhang erkennen lassen.

 

Daß der Staat Zwang und Gewalt gegen Menschen anwendet, die sich nicht strafbar gemacht haben und daß dies auch noch zu einer Handlung zum Wohle des Entrechteten umgedichtet wird, ist ein Skandal, dem jedoch Politik, Medien und öffentliche Meinung bis heute gleichgültig gegenüberstehen.

Diese Gleichgültigkeit und die Ignoranz, mit der die Forderung der Betroffenenverbände behandelt wird, ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen.

Einerseits ist es der Unwille der Herrschenden, tatsächlich Würde, Freiheit und Selbstbestimmung eines jeden Menschen ohne Ausnahme anzuerkennen. Das ist nicht neu:

Wir müssen vielleicht sehen, das ganze alte Entmündigungsrecht und auch unser paternalistischer Fürsorgestaat hat ja im Prinzip seine Wurzeln, die noch so aus der Zeit des Kaiserreichs resultieren. Das ganze Anstaltswesen, das ganze Heimwesen, was heute wie gesagt nach wie vor stark im sozialen Sektor dominiert, kommt ja sozusagen aus dieser Zeit, ist damals entstanden. Damals hat man sozusagen den notleidenden Untertanen entsprechend unterstützen, aber eben in diesem Sinne paternalistisch unterstützen wollen. Und offensichtlich sind sozusagen Entwicklungen, wie Demokratie und Selbstbestimmung, bislang noch an den Menschen, oder in den Köpfen derer, die derzeit nicht davon betroffen sind, an den Menschen vorbeigegangen.

Paternalistisch bzw. bevormundend heißt in diesem Zusammenhang auch, daß die Ablehung einer angebotenen Hilfe immer wieder als Unzurechnungsfähigkeit, als Unverständnis gegenüber dem dringenden Wunsch des Helfers zu helfen, verstanden wird und die Hilfe des Mächtigen schnell zu Gewalt gegen den Machtlosen werden kann.

 

Ein zweiter Grund für den Widerstand gegen die Anerkennung des erklärten Willens ist, daß damit der Wert und die Verwendung psychiatrischer Gutachten grundlegend in Frage gestellt würden.

Bisher ist es ja so, daß der Vormundschaftsrichter in einem Betreuungsverfahren einen Gutachter damit beauftragt, herauszufinden, ob der Betroffene an einer psychischen Krankheit leidet und es ihm deswegen nicht möglich sei, eigenverantwortlich zu leben.

Dabei wird unterstelllt, daß der Gutachter tatsächlich objektive und also nachprüfbare Aussagen über die Gründe des Verhaltens des von ihm Diagnostizierten bzw. über das Vorhandensein einer psychischen Krankheit machen kann.

Der Glaube an diese Fähigkeiten eines Psychiaters und an die wissenschaftliche Objektivität seiner Untersuchungen ist in unserer Gesellschaft tief verwurzelt. Daß es sich bei der psychiatrischen Diagnostik jedoch keineswegs um eine objektive Methode handelt, sondern schlicht um subjektive und letztlich willkürliche Urteile des Verhaltens eines anderen Menschen, ist lange bekannt und wurde z.B. schon 1960 von Thomas Szasz in seinem Buch »Geisteskrankheit – ein moderner Mythos« ausführlich beschrieben und mit zahlreichen Beispielen belegt.

So braucht es offenbar auch keinerlei spezieller Ausbildung, um psychiatrische Gutachten zu verfassen, wie der Fall des Hochstaplers Gert Postel belegt.

Sie wissen ja alle, daß vor einigen Jahren etwa ein Postbeamter für etwa solche Verfahren psychiatrische Gutachten als falscher Psychiater, sie kennen alle diese Geschichte von Gert Postel, vorgelegt haben. Und die Qualität dieser Gutachten ist nie in Frage gestellt worden. Die Qualität war so gut, zumindest nach Auffassung aller Beteiligten, die sie nicht angezweifelt haben, daß er sogar sein Honorar behalten konnte, was er für diese Gutachten bekommen hat.

Und in der Zeit, als er in Flensburg Psychiater beim Gesundheitsamt war, ist immerhin die Anzahl der Zwangsunterbringungen um 80% gesunken, ohne daß da in Flensburg dadurch irgendwie ein öffentlicher Notstand eingetreten ist. Also von daher: solche Vorkommnisse lassen zumindest auch für mich als jemand, der sich sozusagen mit einem externen Blick mit der Psychiatrie beschäftigt, also zumindest zweifeln.

Die fehlende Überprüfbarkeit psychiatrischer Diagnosen lädt offenbar auch dazu ein, Krankheiten bei Bedarf einfach zu erfinden.

Im Zusammenhang mit der Enthüllung des Magazins »Der Spiegel«, daß die angebliche psychische Krankheit »Sissi-Syndrom« ein von der Pharmaindustrie in Auftrag gebenes Werk einer Public-Relations-Agentur war, wurde in dem gleichen Artikel davon berichtet, daß sich unter den zahlreichen bekannt gewordenen sogenannten »erfundenen Krankheiten« ein besonders hoher Anteil psychiatrischer Krankheiten befindet.

Diese Tatsachen legen den Schluß nahe, daß alle »psychische Krankheiten« Erfindungen sind, die nicht nur dazu dienen, Geschäfte zu machen, sondern auch, Menschen staatlicher und sozialer Kontrolle zu unterwerfen und sie anders als alle anderen Bürger zu behandeln.

 

Ein weiterer Grund, an der Verwendung und Gültigkeit psychiatrischer Gutachten zu zweifeln, ist die parallele Verdoppelung der Anzahl von Betreuungen und der in diesem Zusammenhang angeordneten »entrechtenden Maßnahmen« durch Vormundschaftsgerichte in der Bundesrepublik.

Solche Maßnahmen sieht das Gesetz dann vor, wenn die Betreuten aufgrund einer vermeintlichen psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung nicht einsichtsfähig sind und in diesem Zustand Willensentscheidungen treffen, die ihr vermeintliches Wohl gefährden.

Bei freiheitsentziehenden Maßnahmen muß regelmäßig ein Gutachter, in der Regel ein Arzt der Psychiatrie, hinzugezogen werden, der das bescheinigt. Das vorausgesetzt, ist davon auszugehen, daß sich zwischen 1992 und 2002 auch die Anzahl der Gutachten, die den Betroffenen Einsichtsunfähigkeit attestiert haben, mindestens verdoppelt hat.

Wenn wir das nicht auf einen Besorgnis erregende Zuwachs der Einsichtsunfähigkeit in der Bevölkerung generell zurückführen wollen, können nur Verfahrensprobleme, genauer: eine gewachsene Bereitschaft, eine solche zu unterstellen und gutachterlich zu bescheinigen, die Ursache für diese Entwicklung sein.

In diesem Fall wäre aber die Diagnose einer Einsichtsunfähigkeit weniger ein objektiver medizinischer Befund, als vielmehr Ausdruck spezifischer Einstellungen der Gutachter.

Und diesen Eindruck bestätigt auch ein zweiter empirischer Befund. Wäre Einsichtsunfähigkeit tatsächlich ein objetivierbarer Tatbestand, so wäre damit zu rechnen, daß dieser mehr oder weniger gleichmäßig über die ganze Bundesrepublik verteilt wäre. Tatsache ist aber, daß es hochsignifikante Unterschiede gibt.

Diese Balken zeigen jetzt die Anzahl der Unterbringungen je tausend Einwohner im Jahr 1998 in den unterschiedlichen Bundesländern. Sie sehen da einen Ausreißer. Das ist etwa Bayern.

(Bayern, die ja im übrigen auch die ambulante Zwangsbehandlung explizit in den Bundesratsentwurf reingebracht haben.)

Wenn also in Bayern 1998 etwa doppelt so viele Unterbringungen pro tausend Einwohner angeordnet wurden, wie im übrigen Bundesgebiet, und etwa zehn mal so viele, wie in den neuen Bundesländern, ohne daß dort die öffentliche Ordnung zusammengebrochen wäre, gibt es dafür nur zwei Erklärungen:

Entweder weicht die Einsichtsunfähigkeit der bayerischen Bevölkerung in diesem dramatischen Ausmaß von derjenigen der übrigen Bundesbürger ab, oder aber die Unterschiede resultieren aus unterschiedlichen Einstellungen von Gutachtern und Richtern in den einzelnen Bundesländern gegenüber Willensentscheidungen, die ihnen sinnwidrig erscheinen.

Auf den ersten Blick mögen die Handlungen eines Menschen anderen als sinnwidrig erscheinen. In den meisten Fällen zeugt diese Beurteilung aber nur von der Fantasielosigkeit des Beobachters. Prof. Rohrmann gibt dazu ein Beispiel, dessen scheinbare Absurdität das Problem besonders deutlich zeigt:

Ich war um die Wende in den neuen Bundesländern und habe da einige Einrichtungen für Behinderte gesehen. Da waren Leute, die sind jahrelang in Zwangsjacken gesteckt worden. Und dann kamen irgendwie dann die Pädagogen aus dem Westen, die fanden das irgendwie blöde und haben denen dann die Zwangsjacken runtergerissen – die wollten die aber! Jahrelang sind sie zwangsweise in ne Zwangsjacke gesteckt worden und dann ist ihnen die Zwangsjacke zwangsweise wieder runtergerissen worden. Und da habe ich gesagt, also: das ist ihr Wille, den ich auch rehistorisieren kann, den ich auch erklären kann auf der Grundlage ihrer Geschichte.

Diese Suche nach Erklärungen und Problemlösungen, die die Handlungen aus Sicht des Betroffenen sinnvoll erscheinen lassen und ihn nicht zum Objekt degradieren, setzt aber die Anerkennung des Willens und den Verzicht auf die Anwendung von Zwang voraus.

Dazu noch einmal Prof. Rohrmann:

Es ist nicht zu bestreiten, daß Menschen manchmal Entscheidungen treffen, die ihren Angehörigen und damit konfrontierten Fachleuten unsinnig, und hinsichtlich der antizipierten Konsequenzen nicht verantwortbar erscheinen und unter Umständen erhebliche Probleme bereiten.

Solche Probleme müssen ohne Frage verantwortlich bewältigt werden. Entsprechende Bewältigungsstrategien müssen, aber sie können auch nur in jedem Einzelfall gefunden werden. Die Möglichkeit zur pauschalen Entrechtung der Betroffenen durch zwangsweise Zuordnung eines Betreuers erscheint jedenfalls nicht als adäquate Lösung.

 

Schon heute gibt es die Möglichkeit, sich durch eine Vorsorgevollmacht gegen die zwangsweise Entrechtung durch eine Betreuung, gegen Zwangsunterbringung und Zwangsbehandlung in der Psychiatrie zu wehren, denn das Gesetz räumt ausdrücklich dieser Form privatrechtlicher Vorsorge einen Vorrang gegenüber willkürlichen Eingriffen des Staates ein.

Daß es aber überhaupt einer Vorsorgevollmacht bedarf, damit bestimmte Menschen ihre durch das Grundgesetz verbürgten Rechte auch dann noch behalten, wenn sie von anderen für verrückt erklärt werden, ist ein totgeschwiegener politischer Skandal.

Die Kampagne gegen Zwangsbetreuung verteidigt dagegen das Recht, nein zu sagen und den Anspruch, daß der Wille eines Menschen und seine Lebensvorstellungen unbedingt anerkannt werden.


Gesendet am 15.07.2004 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

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