Dissertation Annelie Prapolinat zu § 63 StGB

Das erste unserer fünf Themen:

Die Dissertation von Annelie Prapolinat über § 63 Strafgesetzbuch und die Forensik.

Im Jahr 2004 hat Annelie Prapolinat eine Doktorarbeit im Fach Jura in Hamburg abgegeben, die inzwischen im Internet veröffentlicht wurde. Mit dieser Arbeit weist Frau Prapolinat nach, dass der berüchtigte § 63 der Strafgesetzbuch nicht nur Unrecht, sondern Unrechts an sich ist, also durch kein Gesetzgebungsverfahren mehr repariert werden kann. Mit dem § 63 gibt es aufgrund eines psychiatrischen Gutachtens bei erwiesenen Straftaten von angeblich „Geisteskranken“ zwar wegen deren angeblicher „Schuldunfähigkeit“ keinen Schuldspruch, aber stattdessen wird auf unbestimmte Zeit in der Forensik, dem so genannten Maßregelvollzug, weggesperrt und systematisch durch Zwangsbehandlung gefoltert, bzw. permanent mit dieser Misshandlung bedroht.

Im Grunde genommen wird nach einen solchen Urteil rein willkürlich nach ärztlicher Maßgabe und regelmäßig viel später als im Knast überhaupt wieder entlassen. Es herrscht also eine extrem diskriminierende Sonderbehandlung für Menschen, die als Geisteskranke medizinisch verleumdet werden, wenn ihnen eine Straftat nachgewiesen werden kann.

Annelie Prapolinat zerbricht dieses besondere Entrechtungs-Reglement von innen heraus.

Ihre Argumentation geht dabei von der Wurzel dessen aus, was Kriminologen und Juristen überhaupt unter einer rechtswidrigen Tat verstehen. Ganz wesentlich ist dabei nämlich der Vorsatz, bzw. die Absicht mit der eine Tat begangen wird. Diese Unterscheidung ist wichtig, um irrtümliche Handlungen auch juristisch von Handlungen zu unterscheiden, die nicht irrtümlich sondern unter richtiger Einschätzung der Umstände zu Rechtsverletzungen, Verletzung anderer Menschen oder Verstößen gegen die Rechtsordnung geführt haben. Irrtum schützt zwar nicht gänzlich vor Strafe, aber zumindest vor der Schuld, die bei einer durch absichtliches Handeln herbeigeführten Rechtsverletzung entsteht.

Der völlig zutreffende Angriffspunkt von Annelie Prapolinat ist dabei die denkbar extrem verschiedene Behandlung von Irrtümern, je nach dem, ob sie einem als „geisteskrank“ Disqualifizierten oder einem für „geistesgesund“ Befundenen unterlaufen. Dabei ist schon epistemisch geradezu absurd, eine falsche Annahme dessen, was der Fall sei, noch in geistesgesund und geisteskrank zu unterscheiden, weil beides ja gerade auf einer falschen Unterstellung beruht, wie die Welt gerade beschaffen sei, bzw. was tatsächlich Realität ist.

Ein Irrtum führt dann zwar in beiden Fällen nicht nur dazu, dass keine Schuld beim Verursacher entsteht, sondern sogar dazu, dass es sich um gar keine rechtswidrige Tat handelt, da die subjektive Voraussetzung für eine solche Tat, eben ein Wissen um die Rechtswidrigkeit der Handlung, fehlt.  Während der als „geistesgesund“ befundene Verursacher dann nur den entstandenen Schaden begleichen muss, eventuell noch eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, wird der zum „Geisteskranken“ erklärte damit automatisch zu einer Gefahr per se, die eine so besondere Gefährlichkeit darstelle, dass dieser Person nahezu sämtliche Menschenrechte und bürgerlichen Grundrechte mit einem Urteil basierend auf § 63 Strafgesetzbuch abgesprochen werden. Dies führt dazu, dass sogar das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, die persönliche Integrität, durch psychiatrische Zwangsbehandlung verletzt werden darf, durchgängig mit dem Ziel sog. „Krankheitseinsicht“ nach willkürlicher Feststellung von Ärzten herbeizufoltern. Wie willkürlich diese Feststellung ist, zeigen solche denkbar absurden Zwickmühlen-Diagnosen von Psychiatern wie „vorgetäuschte Krankheitseinsicht“.

Die Strafzeit in den Folterzentren der forensischen psychiatrischen Gefängnissen ist entsprechend rein willkürlich nach den astrologischen Prognosen der dort herrschenden Ärzte. Wie willkürlich dieses gesamte Herrschaftsregime ist, wurde gerade in der BRD besonders augenfällig bewiesen, weil Gert Postel zu einem Chefarzt eines solchen Folterzentrums ernannt wurde.

Ein schlagender Beweis dass es keines Wissens dafür bedurfte, weil er in seinen eigenen Worten nur die Sprechblasen erlernt hatte, die jeder Ziege andressiert werden können.

Wir zitieren ein Beispiel aus der Dissertation von Annelie Prapolinat, die ihre Argumentation fein ziseliert sowohl mit allen dabei in Betracht kommenden höchstrichterlichen Entscheidungen wie Diskussionssträngen in Forschung und Lehre ausgearbeitet hat.

Mit zahlreichen Literaturhinweise versehen ist Ihre Arbeit ein brillanter Beweis der Paradoxien, Inkohärenzen, ja Absurditäten in der juristischen Theorie und Praxis im Zusammenhang des § 63, die diesen zu einen durch kein Gesetz reparierbaren Unrecht machen.

Nach der Vorsatztheorie ist das Unrechtsbewußtsein Teil des Vorsatzes. Geht der Täter irrtümlich vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines  Rechtfertigungsgrundes aus, ist darin nach der Vorsatztheorie ein Tatbestandsirrtum zu sehen. § 16 I 1 findet direkte Anwendung; mangels Vorsatz liegt keine rechtswidrige Tat vor. Zu einer direkten Anwendung des § 16 I 1 gelangt auch die Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen  (die der eingeschränkten Schuldtheorie im weiteren Sinne zugerechnet werden kann), welche einen zweistufigen Deliktsaufbau vertritt und mit Ausnahme der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit und der Schuldelemente sämtliche unrechtsbegründenden und – ausschließenden Merkmale unter den Begriff des Gesamt-Unrechtstatbestandes faßt.

Nach dieser Ansicht gehören zum Vorsatz sowohl die Kenntnis aller positiven Umstände des Tatbestandes als auch das Wissen um das Nichtvorliegen der sog. negativen Tatbestandsmerkmale, das heißt z.B. Merkmalen eines das Verhalten im konkreten Falle rechtfertigenden Erlaubnistatbestandes. Nach der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen entfällt bei irriger Annahme rechtfertigender Tatumstände damit der Vorsatz als solcher. Eine analoge Anwendung des § 16 I 1 bejaht die eingeschränkte Schuldtheorie im engeren Sinne. Die Vertreter dieser Meinung sehen die Merkmale von Tatbestand und Erlaubnistatbestand im Hinblick auf die Frage nach der Strafrechtswidrigkeit eines Verhaltens als qualitativ gleichwertig an. Mithin müsse ein Erlaubnistatbestandsirrtum die gleiche rechtliche Behandlung erfahren wie ein Tatbestandsirrtum. Die dogmatische Behandlung eines Erlaubnistatbestandsirrtums innerhalb der eingeschränkten Schuldtheorie im engeren Sinne ist allerdings uneinheitlich. So werden differierend Vorsatz, Vorsatzunrecht oder Handlungsunwert der Tat verneint. Im Gegensatz zu den drei genannten Theorien ist nach der strengen Schuldtheorie der Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes als ein Verbotsirrtum im Sinne des § 17 anzusehen.

Annelie Prapolinat deckt im weiteren Verlauf ihrer Dissertation auf, dass es auch keinerlei Rechtfertigung dafür gibt, dass der § 63 nicht sofort abgeschafft wird. Die dafür ins Feld geführten kriminalpolitischen Erwägungen dürfen um den Preis des Rechtstaat als solchen nie die Oberhand darüber behalten, dass im Recht Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden muss. Eine so krasse Diskriminierung, wie sie mit dem  § 63 erhalten wird, kollidiert total mit allen Gesetzen und Konventionen zur Abschaffung von Diskriminierung. Aktuell ist es insbesondere die neue Konvention der Vereinten Nationen zur Sicherung der Menschenrechte und Würde von Behinderten, die demnächst auch in Deutschland ratifiziert werden soll.

Die Beweisführung von Annelie Prapolinats Dissertation ist einer der drei Felsen, an dem sich die Ernsthaftigkeit der Bundesdeutschen Gesetzgebung zeigen wird oder an dem diese Konvention zerschellen und zur bloßen Lachnummer verkommen wird.


Gesendet am 11.10.2007 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

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