Einführung

Kinder und ihre Eltern; Familie und Verwandtschaft – das sind die scheinbar natürlichsten Grundlagen unserer Existenz. Sie liegen im Bereich des Privaten und damit in einer Sphäre, die dem politischen Diskurs immer schon vorausgeht, aber dennoch auf engste mit ihm verwoben ist.

Für unser Denken und unser Selbst-Bild, also die Konstruktion unserer Identität, ist allerdings sehr wesentlich, wie wir unsere Genealogie bestimmen. Unmittelbar wird sichtbar, unter welcher ideologischen Prämisse sich unser Denken vollzieht – denn Elternschaft kann ja auf zwei verschiedene Arten zustande kommen.

Zum einen durch Adoption. Erwachsene entscheiden sich aus freien Stücken dazu, uneigennützig für ein Kind zu sorgen und übernehmen die Verantwortung für das Aufziehen dieses neugeborenen Menschen. Wenn Kinder adoptiert werden, wird ihr Familiennamen der ihrer nicht leiblichen Eltern.
Diese Form der Genealogie kommt durch die positive Annahme eine Kindes, ein Zuneigungsversprechen der Eltern zustande, das sich durch die Übergabe des Familiennamens an das Kind wiederspiegelt. Die Beziehung wird sprachlich - damit öffentlich - vollzogen, also in dem Medium, auf das sich Denken und Kultur, Moral, Recht und Mythos gründet.

Die andere Möglichkeit, wie Elternschaft konstituiert wird, ist durch biologische Abstammung. Diese Form der Elternschaft als die unhinterfragbare Norm anzusehen, ist eine Auffassung, die sich in den letzten 300 Jahren im Zuge der Aufklärung und dem Aufkommen moderner Medizin, Naturwissenschaften und Psychiatrie durchgesetzt hat.


Gesendet am 09.03.2006 im Dissidentenfunk (www.dissidentenfunk.de)

Dissidentenfunk | jeden 2. und 4. Donnerstag im Monat von 16 bis 17 Uhr im Offenen Kanal Berlin | Antenne 97,2 MHz | Kabel 92,6 MHz | Livestream www.okb.de/radio.htm | Audio-Archiv www.dissidentenfunk.de/archiv